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Alexandre Gustave Eiffel

Herkunft und akademische Ausbildung
Den meisten von uns ist Gustave Eiffel vor allem durch "seinen Turm" bekannt, der zum Wahrzeichen der französichen Hauptstadt wurde, und vielleicht weiß der eine oder andere auch, dass seine Firma das Innenleben der New Yorker Freiheitsstatue konstruiert hat. Aber der "Eisenzauberer", wie Eiffel seinerzeit genannt wurde, hat noch viel mehr geschaffen: vor allem revolutionäre Brücken aus Eisen und Stahl.

Alexandre Gustave Eiffel wurde am 15. Dezember 1832 in Dijon/Frankreich geboren. Seine Vorfahren waren Anfang des 18. Jahrhunderts von dem kleinen Ort Marmagen in der Nordeifel nach Frankreich ausgewandert. Da die Franzosen den eigentlichen Familiennamen "Bönickhausen" nicht gut aussprechen konnten, nannte sich die Familie nach ihrer Heimatregion, allerdings mit zwei "f".

Nach seiner Schulausbildung begann Eiffel an der Ecole des Arts et Manufactures in Paris das Studium der Ingenieurwissenschaften. Er studierte offenbar etwas gelangweilt und machte im Jahre 1855 nur einen durchschnittlichen Abschluss in seinem Fachgebiet Chemie. Anschließend trat er ein Praktikum in einer Eisenhütte in der Nähe seiner Heimatstadt Dijon an. Hier entdeckte er sein Interesse an diesem neuen Material und erkannte die ungeheuren Möglichkeiten, die in Bauwerken aus Eisen liegen.

Ponte Maria Pia bei Oporto/Portugal - Der Aufstieg des "Eisenzauberers"
Seine erste Anstellung fand er als Bauleiter bei dem Pariser Eisenbahn- und Dampfma- schinenkonstrukteur Charles Nepveu. Obwohl erst 26 Jahre alt, baute er schon auf dieser Stufe der Karriereleiter eine Aufsehen erregende Brücke in Bordeaux. Eiffel arbeitet sich langsam nach oben und wird nach einer kurzen Anstellung als Ingenieur bei der französichen West-Eisenbahn Chef des Konstruktionsbüros Pauvels & Cie. Zwischen allen Aufträgen vertiefte er zwischen 1864 und 1866 seine Ingenieurkenntnisse bei Studien an der Baustelle des Suezkanals in Ägypten.

Im Jahre 1862 heiratete Eiffel die Französin Marie Gaudelet, mit der er insgesamt 5 Kinder hatte (3 Mädchen und 2 Jungen). Gustav Eiffels Frau starb jedoch schon sehr früh im Jahre 1877 und er heiratete später nie mehr.

1866, im Alter von 34 Jahren, gründete er sein eigenes Unternehmen und verwirklichte die verschiedensten Stahlbauprojekte. Er konstruierte und baut mit seiner Firma in den folgenden Jahren Brücken in ganz Europa, aber auch in Bolivien, Peru und Ägypten. Meist handelte es sich um Brücken für die Eisenbahn, denn in der ganzen Welt befand sich zu diesem Zeitpunkt der Siegeszug dieses Fortbewegungsmittels auf seinem Höhepunkt. Eiffel war auch sehr produktiv, und viele Projekte liefen parallel.
Allein von 1867 bis 1869 baute er westlich von Vichy in Frankreich vier große Eisenbahnviadukte. Ganz nebenbei entwickelte er ein Verfahren, mit dessen Hilfe in seinem Werk in Levallois-Perret vorgefertigte Brücken für die Kolonien hergestellt und von dort zur jeweiligen Baustelle transportiert werden konnten.

Allerdings schaffte es Eiffel auch immer wieder außerordentlich kompetente Mitarbeiter um sich zu versammeln, wie z.B. den in Berlin geborenen Konstrukteur Theophile Seyrig (1843-1923). Gemeinsam mit ihm baute er bei Oporto die Maria Pia Brücke über den Douro.


Diese Stahlbogenbrücke war bei ihrer Fertigstellung im Jahre 1877 mit 160 m die längste frei tragende Brücke der Welt. Als Seyrig im Vorfeld zu den Bauarbeiten für den Garabit Viadukt eine angemessenere finanzielle Beteiligung wünschte, kündigte ihm Eiffel im Jahre 1879 die langjährige Zusammenarbeit. Wenig später standen sich die beiden ehemaligen Partner bei der Ausschreibung für die Ponte Dom Luis I in Porto als Kontrahenten gegenüber. Theophile Seyrig machte das Rennen, obwohl er einen teureren, dafür aber ästhetisch anspruchsvolleren Vorschlag einreichte.

Als Nachfolger für Seyrig kam im Oktober 1879 der aus dem Elsass stammende Maurice Koechlin (1856-1946) in die Firma. Koechlin hatte bei Karl Culmann in Zürich studiert und war ebenfalls ein hervorragender Konstrukteur. Unter anderem arbeitete er für Eiffel die Pläne verschiedener Brücken aus und konstruierte und berechnete das Traggerüst für die Freiheitsstatue.


Die Skulptur war ein Geschenk Frankreichs an Amerika, zur Erinnerung an die Erkämpfung der Unabhängigkeit und wurde im Jahre 1886 in New York errichtet.

Der Garabit-Viadukt bei Saint Flour
Die Krönung der Brückenbaukarriere Gustave Eiffels, ist zweifellos der Bau des Garabit-Viaduktes im französichen Zentralmassiv. Diese Eisenbahnbrücke überspannt noch heute in der Nähe des Städtchens Saint Flour das Tiefe Tal der Truyère. Die Spannweite der Brücke von 165 m, aber noch mehr die beeindruckende Höhe von 122 m, stellten große Ansprüche an die Fähigkeiten Eiffels. Nach seiner Fertigstellung war der Garabit-Viadukt für 25 Jahre die höchste Eisenbahnbrücke der Welt! Erst im Jahre 1909 wurde er, was die Höhe angeht, vom Viaduc des Fades bei Clermont-Ferrand übertroffen.

Die Bauarbeiten für den Garabit-Viadukt dauerten von 1880 bis 1884. Sowohl in Fachkreisen, als auch in der breiten Öffentlichkeit erregte der Bau der Brücke größtes Interesse. Der Garabit-Viadukt wurde schon kurz nach seiner Vollendung ein beliebtes Ausflugsziel. Viele Franzosen reisten am Wochenende nach Saint Flour, um dieses Wunderwerk der Technik zu bestaunen.
Der Garabit-Viadukt markiert zweifellos den Höhepunkt und krönenden Abschluß Eiffels Kariere als Brückenbauer, sollte aber bei weitem nicht sein letztes Bauprojekt bleiben. Seine Vielseitigkeit hatte er neben den zahlreichen Brückenbauten immer wieder unter Beweis gestellt. Bereits im Jahre 1876 war er beim Bau des Warenhauses Bon Marche in Paris beteiligt und er konstruierte das Bürogebäude der Bank "Credit Lyonnais". Außerdem entwarf er die bewegliche Kuppel des Observatoriums in Nizza und baute die Hallenkonstruktion des Bahnhofes in Pest (Ungarn).
Der Eiffelturm (1889) - Weitere Bauwerke aus Eiffels umfangreicher Tätigkeit
Unsterblich wurde Eiffel jedoch durch den Eisenturm, der anlässlich der Pariser Weltausstellung im Jahre 1889 errichtet wurde und der bis heute seinen Namen trägt. Dabei stammt die Idee für den Turm eigentlich gar nicht von ihm selbst, sondern von dem schon erwähnten Maurice Koechlin und dessen Kollegen Emile Nouguier.
Nachdem Eiffel der Idee einige Zeit skeptisch gegenüber stand, nahm er sich schließlich jedoch voll und ganz diesem Projekt an. Zunächst ließ er die Pläne von einem Architekten optimieren und warb fortan bei jeder Gelegenheit für das Vorhaben. Mit großem politischem und geschäftlichem Geschick -und hier zeigten sich Eiffels größte Fähigkeiten- erreichte er, dass der Turm wirklich gebaut wurde.
Die Vorgänge um den Bau des Eiffelturmes führten aber keineswegs zu Differenzen zwischen Eiffel und Koechlin, denn letzterer war ein sehr introvertierter Mensch und ihm war durchaus bewusst, dass der Turm ohne Eiffels Initiative und persönlichem Einsatz niemals gebaut worden wäre.
Koechlin sagte später einmal: "Die Idee und die Berechnungen stammen von mir, aber der Vater des Turmes ist Eiffel"! Die beiden Ingenieure bewahrten sich bis ins hohe Alter gegenseitigen Respekt und Anerkennung.

Wie bei seinen Brücken auch, lies Eiffel die einzelnen Bauteile für den Eiffelturm in seiner Fabrik in Levallois-Perret fertigen und in Paris an Ort und Stelle zusammen nieten. Bei der Pariser Bevölkerung fand der Turm zunächst nicht die uneingeschränkte Zustimmung und eigentlich sollte er nach Beendigung der Weltausstellung wieder komplett demontiert werden.
Dazu kam es jedoch vielleicht auch deshalb nicht, weil Eiffel immer wieder versuchte, dem Turm eine neue Daseinsberechtigung zu verschaffen. Z. B. führte er auf dem Turm selbst zahllose Versuche zur Erdanziehungskraft und den Fallgesetzen durch. Schließlich erreichte er sein Ziel: der Eiffelturm blieb bestehen, wurde zum Wahrzeichen der französischen Hauptstadt und verhalf ihm zu ewigem Ruhm.
Gebäude aus Eisen
Im Zuge der Pariser Weltausstellung entstanden aber noch zwei weitere Objekte Eiffels, die heute allerdings viel weniger bekannt sind. Zum Einen baute er ein Haus ganz aus Eisen, ohne Steine, ohne Holzbalken und ohne Beton.
Das Haus ist deshalb weitgehend in Vergessenheit geraten, weil es von dem Kautschukmillionär Baca Diez gekauft wurde. Diez lies das Haus nach der Weltausstellung komplett demontieren und in Einzelteile zerlegt in seine Heimatstadt Iquitos, inmitten des peruanischen Urwaldes bringen. Iquitos ist noch heute sehr schwer zugänglich, und der abenteuerliche Transport des Bausatzes auf dem Amazonas lieferte die Inspiration für den Werner-Herzog-Film "Fitzcarraldo" mit Klaus Kinski. Das Eisenhaus (Casa de Hierro) steht noch heute auf dem zentralen Platz der Stadt und beherbergt nun eine Bar. Das zweite Eisengebäude ist eine Kirche, die nun ebenfalls in Südamerika zu bewundern ist. Nach der Weltausstellung kaufte der mexikanische Staat das Bauwerk und lies es im Jahre 1895 in dem Örtchen Santa Rosalia inmitten der mexikanischen Wüste aufstellen. Dort ist es noch heute zu bewundern und gilt als eine der größten Sehenswürdigkeiten der Region.


Rückschläge und Ausstieg aus dem Unternehmertum
Eiffels glänzender Ruf erhielt Ende des 19. Jahrhunderts zwei heftige Dämpfer, von denen er sich nie wieder erholte und die schließlich zu seinem Rückzug aus dem Unternehmertum führten. Auf dem Höhepunkt seines Ruhmes erhielt Eiffel den Auftrag, für den bereits im Bau befindlichen Panamakanal die Lieferung von zehn kompletten Schiffsschleusen zu übernehmen.
Beim Eintritt Eiffels in dieses Projekt befand sich die französische Panamakanal-Gesellschaft unter der Leitung von Ferdinand de Lesseps aber schon in einer schweren Krise. De Lesseps hatte bereits den Suezkanal gebaut und glaubte diese Erfahrungen direkt auf das Panamaprojekt übertragen zu können. Dies führte zu einer ganzen Reihe von Fehleinschätzungen, durch welche die Gesellschaft immer mehr in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Einer der Fehler war die Annahme, der Kanal könne ohne Schleusen durch einen natürlichen Ausgleich des Wasserstandes verwirklicht werden. Erst als sich herausstellte, dass der Kanal ohne Schleusen nicht zu betreiben war, engagierte de Lesseps Gustav Eiffel für diese Aufgabe.

Die nicht eingeplanten Schleusen sprengten aber das finanzielle Budget der Gesellschaft endgültig. Als das Unternehmen eigentlich schon pleite war, gab der französische Staat der Gesellschaft die Genehmigung, durch eine Art Aktienlotterie ihr Kapital wieder aufzustocken. Wenig später, im Jahre 1889, ging die Panama-Gesellschaft endgültig in Konkurs und über 800.000 Franzosen hatten ihre Ersparnisse verloren. Durch diese Ereignisse kam es in Frankreich zu einer gewaltigen politischen Krise, denn es gab durchaus auch Leute, die von dem Zusammenbruch profitiert hatten. Etwa 510 Parlamentarier wurden wegen Korruption angeklagt und schließlich mussten erst der französische Finanzminister und dann sogar der Ministerpräsident zurücktreten.
Neben de Lesseps sowie dessen Sohn geriet auch Gustave Eiffel in das Visier der Ermittlungen und musste sich im Jahre 1892 schließlich wegen Korruption und Betrug vor Gericht verantworten. Die beiden de Lesseps wurden zu fünf Jahren Haft, und Gustave Eiffel zu zwei Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Später wurde das Urteil von einem Revisionsgericht wegen Verjährung wieder aufgehoben aber das bis dahin makellose Renommee Eiffels hatte einen ersten Kratzer bekommen. Der fast 82km lange Panamakanal wurde übrigens im Jahre 1914 von den USA vollendet.
Für Gustav Eiffel kam plötzlich alles Unglück zusammen, denn in einer anderen Ecke der Welt braute sich weiteres Unheil zusammen. Praktisch zeitgleich mit dem Panamadebakel kam es in der Schweiz nämlich zu einem folgenschweren Eisenbahnunglück, in dessen Mittelpunkt ebenfalls Eiffel stand.
In Mönchenstein bei Basel stürzte am 15.06.1891 die von ihm gebaute Birsteinbrücke unter einem voll besetzten Zug ein und riss 80 Menschen in den Tod. Bis zum damaligen Zeitpunkt handelte es sich um die größte dokumentierte Eisenbahn- und Brückenkatastrophe weltweit und entsprechend verheerend war die Wirkung auf den schon angeschlagenen Eiffel.



Die Brücke -eine Fachwerkkonstruktion aus Eisen- stammte aus der Mitte der 1870er Jahre und wurde von Eiffels Firma für die Jura-Simplon-Bahn gebaut. Um die Ursache dieser Katastrophe zu ergründen wurde eine hochrangige Kommission zusammengestellt, aus der sich später die "Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt" (EMPA) entwickelte. Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass nicht Konstruktionsfehler zu dem Unglück geführt hatten, sondern minderwertiges Material. Obwohl dieses Urteil Eiffel weitgehend entlastete, nahm er diese beiden Ereignisse zum Anlass, alle seine unternehmerischen Tätigkeiten zu beenden.
Von da an arbeitete er bis zu seinem Tode ausschliesslich wissenschaftlich.


Unter anderem baute er den ersten Windkanal Frankreichs, in dem die Flugtauglichkeit und die aerodynamischen Eigenschaften von Flugzeugen getestet werden konnten. Seine Firma blieb aber über die ganzen Jahre bestehen und feierte ca. 100 Jahre später mit dem Bau des Viaduc de Millau einen neuen Höhepunkt ihrer Geschichte.
Gustave Eiffel starb am 27. Dezember 1923, im Alter von 91 Jahren, in Paris.
Text /Bilder mit freundlicher Genehmigung von Herrn Nebel
www.bernd-nebel.de
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